Selbst über den eigenen Körper bestimmen, ist bei Kindern leider noch keine Selbstverständlichkeit. Je jünger ein Kind ist, desto eher ist es Erwachsenen ausgeliefert. Das Küsschen auf die Wange, das Streicheln übers Bein kann harmlos und lieb gemeint sein. Aber wie kommt es an? Wer fragt das Kind?
Umso wichtiger ist es, dass Kinder ihr „Nein“ kundtun dürfen und dass dieses Nein von den Erwachsenen akzeptiert wird. Das „Nein“ eines Kindes, seine Mitsprache, hat Bedeutung und zieht eine Grenze, die geachtet werden sollte. Kinder dürfen selbst entscheiden, wen sie umarmen oder küssen wollen, wer sie berühren darf, wer nicht.
Anstatt Kinder zu ermutigen, die Gefühle einer anderen Person über das eigene Wohlbefinden zu stellen, sollte lieber das Vertrauen in die eigenen Gefühle und in die eigene Wahrnehmung gestärkt werden. Dann nehmen Kinder ihre Grenzen selbstbewusst wahr. Das kann sie nicht zuletzt davor schützen, Opfer von Manipulation oder sexuellem Missbrauch zu werden: Ein selbstbewusstes Kind, das Nein zu Berührungen sagen kann, kann sich besser schützen, als ein Kind, dass gelernt hat, dass seine Bedürfnisse und Gefühle keine Rolle spielen.
KINDER STÄRKEN
Prävention beginnt in der Familie, das sagt auch Beatrix Baumgart von der Beratungsstelle Pro Familia Osnabrück in einem Artikel für das Magazin „starke eltern – starke kinder“, Jahresheft Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V., den ich 2020 geschrieben habe und gerne hier teile.
„[…] Kinder, deren Grenzen missachtet werden, die lernen, dass ihr Bedürfnis nach Freiheit, Autonomie, Respekt, Würde, Selbstbestimmung nicht zählt, „verlieren“, so die Sozialpädagogin, „ihr natürliches, gesundes Gespür für Gefahr“. Ihr Rat an Eltern, die unsicher sind, wie sie sich verhalten sollen: „Machen Sie sich klar: Niemand schuldet irgendwem eine Umarmung oder einen Kuss.“ Ebenso sinnvoll ist es ihrer Erfahrung nach, Verwandte vorab zu informieren. Denn: „Jeder, der die Hintergründe versteht, wird sich nicht abgelehnt fühlen oder eine fehlende Umarmung als unhöflich empfinden.“ Außerdem plädiert Baumgart dafür, vor Familientreffen mit den Kindern zu sprechen, ihnen zuzuhören und abzuklären, was für das Kind in Ordnung ist und was nicht: „Um das Kind zu stärken, sollten Eltern ihren Kinder erklären: ,Wenn dir etwas Unbehagen bereitet, tu es nicht. Selbst wenn das bedeutet, dass Opa Thomas traurig ist oder Tante Gabi beleidigt. Du darfst Nein sagen, dass ist dein Recht.‘“
📚 Das Bilderbuch zum Kinderstärken gibt es seit 12.08.2024 im Handel:
„Schluss! Kein Kuss! Das Allerkleinste sagt laut Nein“
Kerstin Hau, Stephan Pricken
Verlag Herder
Ab 3 Jahren
ISBN 978-3451715471
Mehr zum Thema „Präventive Erziehung“ auf den Seiten der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM): KLICK
2024-04-30